
Chronik der Gemeinde Kottgeisering
Vor- und Frühgeschichte
Am ehemaligen Nordufer des Ammersees liegt der Ort Kottgeisering, malerisch eingebettet zwischen Moränenhügeln und dem Ampermoos. Gletscher der Riß- und Würmeiszeit formten diese Landschaft.
Zahlreiche Funde weisen darauf hin, daß Kottgeisering eine uralte Fischersiedlung war, die Ureinwohner waren Jäger, Fischer und Sammler. Prähistorische Gräberfelder beim Gut Reichertsried beweisen, daß auch hier Ureinwohner seßhaft waren. Hügelgräber zeugen noch heute von ihrer Anwesenheit. Der quadratischen Dorfanlage nach muß in Kottgeisering die keltoromanische Bevölkerung einen starken Einfluß gehabt haben. Der Bajuware Giselher gründete zwischen 600 und 650 nach Christus Kottgeiserings frühste Siedlung mit dem Namen Kisalheringa. Schon früh um 800 nach Christus kam nach dem Aussterben der Giselher- Sippe als bisherige Ortsadelige der Besitz an die damals mächtigen und angesehenen Grafen von Dießen und Andechs.
Die erste Urkunde, in der Kottgeisering erwähnt wurde, ist auf den 10. Juni 829 datiert.
Deshalb wurde im Jahr 1979 die 1150 Jahrfeier mit einem historischen Umzug gebühren gefeiert.
Im Jahre 1248 erlosch das Geschlecht der Grafen von Andechs. Nach damaligem Recht fiel deren Besitz nunmehr an den regierenden Herzog Otto II. des Hauses Wittelsbach. In einem Kaufbrief von 1701 erscheint erstmals die Schreibweise Kottgeisering.
Die politische Gemeinde
Als Kottgeisering seinen Weg in das 19. Jahrhundert antrat, hatte der Ort als geschlossene Siedlung bereits ein Jahrtausend hinter sich. Es gab seit 1745 einen -wenn auch bescheidenen- Schulbetrieb. Ab dem Jahr 1785 sind die Ortsvorsteher und Bürgermeister namentlich überliefert. 1814 umfaßte das Gemeindegebiet 675 Hektar und 64 Anwesen.
Zum Jahre 1876 ergab eine Volkszählung in Kottgeisering 397 Einwohner und 86 Haushaltungen. Am 1. Mai 1873 nahm die Königlich Bayrische Staatsbahn die neue, an der Gemeinde vorbeiführende Stecke München- Kaufering in Betrieb.
Der Erste und Zweite Weltkrieg hat auch in unserer Gemeinde Auswirkungen gezeigt. Zahlreiche Kottgeisering sind gefallen. Nach dem Krieg stieg die Einwohnerzahl durch die Flüchtlinge stark an.
1955 hatte die Gemeinde bereits 1019 Einwohner
Diese gestiegene Einwohnerzahl zwang die Gemeinde zur Erweiterung der Friedhofsanlagen. Auch der Ausbau der Straßen, die Flurbereinigung, eine zentrale Wasserversorgung und die Kanalisation wurde in Angriff genommen.
1979 wurde mit der 1150- Jahrfeier der Erhalt der Selbständigkeit unserer Gemeinde gebührend gefeiert. Der Ort zeigt eine organische Entwicklung und hat jetzt 1560 Einwohner.
Die Gemeinde hat immer versucht, ihre Einrichtungen an die Erfordernisse der Zeit anzupassen und zu erweitern. So wurde das Sportangebot des Sportvereines ständig erweitert, so daß für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren ein breitgestreutes Angebot an verschiedenen Sportarten vorliegt.
Die örtlichen Vereine und kirchlichen Organisationen veranstalten jährlich ein Dorffest, sorgen für ein reichhaltiges kulturelles Programm und übernehmen die Jugendarbeit. Sehr viele junge kinderreiche Familien wohnen in unserem Ort, für sie wurde die Verkehrssicherheit mit dem Bau von Geh- und Radwegen und dem Ausbau der Straßen verbessert. Der Kindergarten wurde den Bedürfnissen angepaßt und Spielplätze wurden errichtet. Es besteht eine Busverbindung zum S-Bahnhof Grafrath.
Bei all den angeführten Maßnahmen wurde auf den Erhalt der Kulturlandschaft geachtet.
Die Bemühungen der Gemeinde wurden sowohl von den Kirchen, wie auch von den Vereinen und Verbänden tatkräftig unterstützt. In gemeinsamer Anstrengung aller Bürger wird es gelingen, Kottgeisering als liebenswerten Ort zu erhalten.
Ortsname Kottgeisering
War der ursprüngliche Ortsname "Kisalheringa, Kisalheringun, und Kysalheringas" auch mit der Endsilbe "ingen" einer alamanischen Siedlung verdächtig, so beweist die bajuwarische Endsilbe "ing", dass es eine Frühsiedelung an der Grenze zwischen Schwaben und Bayern ist. Das belegt auch die Zugehörigkeit zum Erzbistum München - Freising einerseits und zum Bistum Augsburg andererseits. (Kottgeiseering Westgrenze von München, während Türkenfeld zum Bistum Augsburg gehört).
Seit 1366 wird das "Kott" vorausgesetzt im Hinblick auf das "kotige Ampermoor, bzw. -moos". Dies geschah zum Unterschied mit Schöngeising, das ein Namensvetter von Giselher aus Geisering wie Kottgeisering in Urkunden meistens genannt wird, gründete. Gisel, auch Kiso genannt, aus Geising - Schöngeisung, kann durchaus vom Gründer Kottgeiseering abstammen oder in einem anderen Verwandschaftsverhältnis stehen. Bis zur Jahrhundertwende 1900 wurde der Name Kottgeisering mit th (Kothgeisering) geschrieben.
Gemeindegebietsreform
Mit der Gemeindegebietsreform, wie sie am 1.1.1969 in Bayern eingeleitet wurde, sollte vor allem eine Verwaltungsreform erreicht werden. Die Vielzahl kleiner Gemeinden sollte verringert und eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung dadurch erreicht werden. Tatsächlich wurde die Zahl der selbständigen Gemeinden von 7073 auf 2030 verringert.
Für die Gemeinden am Ampermoos, Wildenroth, Unteralting und Kottgeisering sahen die Regierung von Oberbayern und die Landkreisbehörde den Zusammenschluss zur neu zu bildenden Gemeinde Grafrath als vorgezeichnete Lösung. Wildenroth und Unteralting vollzogen, (noch in der freiwilligen Phase), am 1.7.1972 die Fusion. In Kottgeisering ergab die Abstimmung hierzu am 7.3.1972 ein 5:4 gegen die Eingemeindung. Traditionsbewusst hoffte man, wenn auch mit geringer Mehrheit, gegen die Zielplanung der übergeordneten Behörden und im Vertrauen auf den Artikel 11 (2) der Verfassung des Freistaates Bayern, die Selbständigkeit erhalten zu können.
In den zurückliegenden acht Jahren hatte die Gemeinde im Rahmen ihrer Möglichkeiten (und die Zahlen im Gemeindehaushalt bewiesen es), große Anstrengungen für eine zeitgemäße Entwicklung unternommen. Eine zentrale Wasserversorgung wurde geschaffen, der Ausbau der Straßen war getätigt und mit der Abwasserbeseitigung war man weiter voran als in manchen Randbezirken der Landeshauptstadt. Es gab demnach keine zwingenden Gründe, des öffentlichen Wohls, für eine zwangsweise Fusion. Das wussten auch jene, die sich nicht länger als Kottgeiseringer bezeichnen lassen wollten. Sie taten ihrerseits die nötigen Schritte, um die Umgemeindung zu erreichen. Man ging auch mit Listen von Haus zu Haus und warb für die Umgliederung. Die Gemeinde war geteilt in Gegner und Befürworter eines Zusammenschlusses. Da man bei der Regierung von Oberbayern den Widerstand spürte, den die kleine Gemeinde am Ampermoos wagte, legte sie mit ihrer Zielplanung vom 21.11.1975 im wahrsten Sinn des Wortes die Karten auf den Tisch. Darauf war die Gemeindefläche Kottgeiserings in etwa auf die Größe während der Römerzeit zusammenschnitten. Es war nicht schwer zu begreifen, dass eine solche Maßnahme für die Restgemeinde als nächsten Schritt, wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit das "Aus" bringen sollte.
Die Nachbargemeinde Grafrath, der man die abzutretenden Flächen zuzuweisen gedachte, wäre, bei ihrem Gerangel mit der Gemeinde Türkenfeld um den Verwaltungssitz in der Verwaltungsgemeinschaft, dadurch einen großen Schritt voran gekommen. Mit einem Abstimmungsergebnis von 10:3 entschied der Kottgeiseringer Gemeinderat am 29.12.1975 gegen diese Regelung. In einer Eingabe an die Regierung von Oberbayern erklärte man sich bereit zum Eintritt in eine Verwaltungsgemeinschaft mit der Gemeinde Grafrath und Schöngeising, lehnte aber die Gebietsabtretungen als unbegründet ab. Dass die Regierung von ihrer Absicht, Kottgeisering von der Landkarte zu tilgen, nicht abrückte, kam in der RVO vom 12.4.1976 zum Ausdruck, indem darin die Zielplanung vom 21.11.1975 festgeschrieben war.
Gegen diese, als Willkür empfundene Regelung, zog der Gemeinderat unter Zuhilfenahme eines Anwaltsbüros am 16.3.1977 mit einem Normenkontrollantrag vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Man hoffte, mit diesem Verfahren und einer sachlich fundierten Begründung, der Gemeinde zu ihrem Recht verhelfen zu können. Das Bayerische Staatministerium des Innern hatte sich jedoch in seiner Stellungnahme vom 10.10.1977 der RVO vom 12.4.1976 inhaltlich angeschlossen und die Landesanwaltschaft Bayern angewiesen, den Normenkontrollantrag der Gemeinde Kottgeisering als unbegründet abzuweisen. Damit war schon im Vorfeld eine, für die Antragstellerin negative Entscheidung gefallen und die für den 24.10.1977 anberaumte Ortsbesichtigung nur eine Pflichtübung. In der für den 28.10.1977 festgesetzten mündlichen Verhandlung vor dem V. Senat des Bay. Verwaltungsgerichtshofes kam es zur Zurücknahme des Normenkontrollantrags.
Man hatte durchblicken lassen, dass selbst im Fall des Obsiegens die Auflösung der Gemeinde nicht auszuschließen sei und empfohlen, den Antrag zurückzuziehen. Wieder stand die Drohung mit der Auflösung der Gemeinde im Hintergrund. In dieser Situation sah nun die Gemeinde Grafrath ihre Stunde gekommen und nutzte die Chance. Mit einem Normenkontrollantrag und ihrem Rechtsbeistand zog sie nun ihrerseits vor den V. Senat des Bay. Verwaltungsgerichtshofes, forderte die Eingemeindung der Gesamtgemeinde Kottgeisering und rannte mit ihrer Klage offene Türen ein. Es schien der Zeitpunkt gekommen, die 1200jährige Geschichte dieses Ortes abzuschließen, weil dringende Gründe des öffentlichen Wohles, dies erfordern. So steht es jedenfalls in der Grafrather Klageschrift.
War es zuviel verlangt, was die Kottgeiseringer wollten? Ein wenig Selbstbestimmung und den Erhalt des, von einem bajuwarischen Edeling abgewandelten Ortsnamens. Um auch letzte Rechtsmittel auszuschöpfen für den Erhalt der Gemeinde, zog man am 22.3.1978 mit einer Popularklage gegen den Freistaat Bayern vor den Bay. Verfassungsgerichtshof. Als auch dieser Weg nicht zum Ziel führte und alle Anstrengung vergebens schien, zeigte sich plötzlich ein Silberstreif am Horizont der Eigenständigkeit. Mit einer, wie es hieß, sinnvollen Korrektur der Gemeindegebietsreform wollte man vermeiden, dass zwangsweise vereinigte Gemeinden auf Jahrzehnte in Unfrieden miteinander hätten leben müssen. Im Rahmen dieser Korrektur verlor Kottgeisering zwar ca. 30 Hektar Gemeindefläche und musste 105 Einwohner in die Nachbargemeinde entlassen. Das Ziel war erreicht, die Selbständigkeit, die bereits verloren schien, blieb erhalten. Sieben zermürbende Jahre für Bürgermeister Ludwig Kratz und seinen Gemeinderäten waren überstanden.